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Der Fischer Paul Walter.

Petri heil. Krabben auf der Spur.


Insel Sylt? Da denken viele an Fischer und tagesfangfrischen Fisch - der letzte Sylter Krabbenfischer ist im Lister Hafen zu finden: Paul Walter.

Zwischen ein Uhr nachts und vier Uhr morgens fährt er raus. Drei Mal in der Woche. Vorausgesetzt, die Wetterlage spielt mit – maximal fünf Windstärken sind möglich. Dann nimmt Paul Walter vom Lister Hafen aus Kurs in Richtung Dänemark. Oder er steuert seinen „Tümmler“, die Sylter Küste entlang nach Munkmarsch. Dabei weiß er genau, wo die guten Fangplätze liegen; wann in welchem Gebiet die beste Aussicht auf einen reichen Fang besteht. Wohin es jeweils geht entscheidet der letzte Sylter Krabbenfischer danach, was ihm Wind und Wellen aufzeigen. „Ein Fischer muss mit der Natur leben. Beobachten und sich seine Gedanken machen zur Tide oder ob der Wind mit oder gegen den Strom läuft. Viele Erfahrungswerte spielen da mit. Aber Glück und Fleiß sind auch dabei“, sagt der 64-Jährige.

Seit seiner Kindheit ist Paul Walter das Fischen vertraut. Schon sein Großvater und Vater hatten in Ostpreußen als Binnenschiffer gearbeitet. Die Fischerei vor Sylt hatte der Vater nach dem Zeiten Weltkrieg begonnen. Mit einer umgebauten Marinebarkasse, auf der, für zwei Tage freigestellt, der damals 14-jährige Schüler als „Fischereigehilfe“ anfing. Seefahrtsschule Cuxhaven und große Hochseefischerei, kleine Küstefischerei, Eismeerfahrten und Steuermannspatent sowie schließlich der Eintritt in die Marine.

Hering, Dorsch, Scholle – „ich habe alles mitgemacht“, sagt Paul Walter, „früher, als es noch reichlich Fisch gab“. Im Juli 1977 ließ der „Lister Krabbenmann“ sein 8,53 langes und 2,80 breites Boot zum ersten Mal zu Wasser. Zwischen vier und zwölf Stunden dauert ein Törn, je nachdem wie viele Krabben „in einem Hol drin sind“. An Deck werden sie im Kessel gekocht und später im Heimathafen verkauft. Tagesfangfrisch. Und ohne Konservierungsstoffe, versteht sich. Das ist Paul Walter wichtig. Am wohlsten fühlt der sich auf dem Wasser, doch von November bis März ist Winterpause. Dann liegt sein 60-PS-Boot in der Bootshalle, nach rund 1400 Betriebstunden im Jahr.

Wenn Paul Walter unterwegs ist, sind schon mal Gäste mit an Bord, solche, „die sich nicht scheuen nachts aufzustehen“. Dass er niemanden mehr zum Schnacken hat, betrübt den einzigen aktiven Sylter Fischer. „Früher wurde alles zusammen gemacht. So alleine, das ist nicht schön. Die Alten, die man aus der Jugend kannte, sterben nun alle weg.“ Dass heute keiner mehr Fischer werden wolle, versteht er, stehe doch die viele Arbeit in keinem Verhältnis zum Verdienst. Ob er sich vorstellen kann aufzuhören, ohne Boot zu sein? „Nein“, sagt Paul Walter. Eine kleinere Winde, ein kleineres Netz, ein kleiner Kocher: alles, aber weitermachen wolle er in jedem Fall bis zum Schluss.

Text/Fotos: Angelika Jakat

(Veröffentlichung: TV SYLT Magazin, 18/05)

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