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Buddhas Lehre auf Sylt.

Diamantweg zur Erleuchtung.


Ruhe, Abgeschiedenheit lässt sich auf Sylt leicht finden - ideale Bedingungen zur inneren Einkehr. Buddhismus wird hier ebenfalls praktiziert. Seine Anhänger meditieren, üben sich in Mitgefühl, guten Taten und schulen den Geist im Erkennen der Dinge. Das Ziel am Ende des Weges: Erleuchtung.

Sie treffen sich regelmäßig zur Meditation: die Mitglieder des Buddhistischen Zentrums Sylt. Mittwochs praktiziert die hiesige Gemeinschaft in Rantum gemeinsam die Form des „Diamantwegs–Buddhismus“ (Vajrayana). Und steht damit in der Tradition der Karma Kagyü Linie, die eine der großen buddhistischen Schulen Tibets ist. Abends kurz nach acht beginnt die offene, auf Deutsch geleitete, kostenlose Meditation im angemieteten Parterre einer Geschäftszeile in der Hafenstraße, Hausnummer 6.

Mehrere Fotos mit buddhistischen Motiven sowie Lehrern der Karma Kagyü Linie und farbenfrohe Rollbilder aus Stoff, so genannte Thangkas, schmücken die gelben Wände der beiden umgestalteten Räume. Auf einem Altar stehen im Meditationsraum, der mit roten Teppichen ausgelegt ist, kleine, kupferne Opferschalen und ein leuchtendes Teelicht. Der Geruch von klärendem Räucherwerk liegt in der Luft. Vereint im Bekenntnis an die asiatische Philosophie, sitzen die Teilnehmer auf Bodenkissen im Lotussitz vor einer goldfarbenen Karmapa-Statue. Zu Anfang dem eigenen Atem folgend, dabei konzentriert auf den Luftstrom an den Nasenwänden; später versunken in Meditation, bei der ausgesuchte Mantras rezitiert werden.

Nach über zwei Stunden endet das Treffen der Sylter Sangha, nachdem Organisatorisches den Abend beschloss. Den meisten hier bedeutet die Lehre aus dem Osten mehr, als nur gesellschaftlicher Trend zu sein. Einige sind schon seit vielen Jahren überzeugte Anhänger des sanften Wegs zum Glücklichsein. Religiösen Aussteigern aus dem Westen bietet die fernöstliche „Kunst des Lebens“, mit ihrer lebensnahen Sicht auf Selbstverantwortung, Leiden und dessen Überwindung, eine stetig populärer werdende, spirituelle Alternative zum Christentum, Tendenz steigend.

Aus allen gesellschaftlichen Schichten kommend, werden Interessierte in die buddhistische Praxis über Vorträge und Kurse eingeführt - auch auf Sylt. So bietet Christian Ostermann, der in den Buddhistischen Zentren Nordfriesland und Sylt ehrenamtlich aktiv ist, regelmäßig Einführungsvorträge in Westerland an. Aber auch autorisierte Reiselehrer der Karma Kagyü Linie kommen auf die Nordseeinsel, um buddhistisches Wissen zu verbreiten. Als spirituelles Oberhaupt gilt ihnen nicht der 14. Dalai Lama, sondern der 17. Gyalwa Karmapa Trinlay Thaye Dorje. Dessen Vorgänger, der 16. Gyalwa Karmapa Rangjung Rigpe Dorje, autorisierte Anfang der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts seine beiden dänischen Schüler, Ole Nydahl wie auch dessen Frau Hannah, im Anschluss an mehrjährige Unterweisungen zu buddhistischen Lehrern.

Als eine Schule der mündlichen Überlieferung, misst die Karma Kagyü Linie der Übertragung buddhistischer Erfahrung vom Lehrer zum Schüler besonderen Wert bei. Seit 1972 entstanden unter der Schirmherrschaft Ole Nydahls, der das einzige westliche Oberhaupt dieser tibetischen Lehre ist, weltweit mehrere hundert Meditationszentren – dazu im Jahr 2000 das auf Sylt, als eines von sechzehn norddeutschen Meditationszentren allein der Karma Kagyü Linie.

Übrigens: Vor 2500 Jahren hat sich die buddhistische Lehre im nordöstlichen Indien entwickelt und von dort aus weltweit verbreitet. In Deutschland ist der Buddhismus als Religion bislang nicht anerkannt.

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Wie der Buddhismus erstmals nach Sylt kam?

Bereits zu Anfang des 20. Jahrhunderts begründete der homöopathische Arzt Dr. Paul Dahlke, den Beginn einer buddhistischen Tradition auf Sylt. Der Wahl-Berliner Dahlke (1865 geboren in Osterode, Ostpreußen), erwarb auf dem abgelegenen, damals nur per Schiff erreichbaren Frieseneiland Grundbesitz, um zwei buddhistische Projekte zu realisieren.

Als sichtbarer Ausdruck Buddhas Lehre entstanden in der Folge nach Dahlkes Plänen ein steinernes Denkmal und ein bis heute erhalten gebliebenes Wohnhaus in Wennigstedt-Braderup. Das schlichte Bauwerk mit Flachdach diente Dahlke als privates „Retreat-Haus“, in das er sich zurückzog und in dem er während seiner Insel-Aufenthalte auch Patienten empfing. Und zwar in der Bibliothek, die er als Meditationsraum ausstattete. Mit exotischen Wandornamenten dekorativ verziert, bildete der hohe Raum den kunstvollen Hintergrund für eine zirka ein Meter hohe, hölzerne Buddha-Statue, die der Übersetzer mehrerer buddhistischer Schriften von einer seiner zahlreichen Asienreisen mitgebracht hatte.

1900 hatte Dahlke den Buddhismus während eines Sri Lanka-Besuchs kennen gelernt und vertrat von da ab seine älteste Schule, den Theravada-Buddhismus, der das Mönchstum herausstellt und zu den drei Hauptzweigen der Weltreligion gehört. Dahlkes Interesse an der Entwicklung des Buddhismus in Deutschland gipfelte 1924 in der Verwirklichung der Idee von einem „Buddhistischen Haus“. Der Bau des Hindenburgdammes (Fertigstellung 1927) soll Dahlkes Standortpläne beeinflusst haben, sodass er seinen Plan vom „Buddhistischen Haus“ nicht auf Sylt, sondern in Berlin-Frohnau realisierte, wo er 1928 starb.

Eine lebendige Diamantweg-Buddhismus-Gruppe bildete sich 1991 auf Sylt. 1993 hielt der dänische Lama Ole Nydahl (Karma Kagyü Linie), einen ersten Vortrag im Alten Kursaal in Westerland. 1998 fand unter seiner spirituellen Leitung ein mehrtägiger Mahamudra-Kurs auf der Insel statt.

In den Jahren 2000 und 2002 reisten Ole und Hannah Nydahl gemeinsam nach Sylt. Im Keitumer Friesensaal gab Ole Nydahl öffentlich Unterweisungen, Segen und Zuflucht. Mit der Einrichtung des Buddhistischen Zentrums Sylt, ist die Karma Kagyü Linie seit 2000 offiziell auf der Insel vertreten.


Text/Fotos: Angelika Jakat





Foto oben, links
Begründer der Karma Kagyü Linie: Statue von Marpa (1012-1097), tibetischer Yogi und Lehrer, Übersetzer buddhistischer Schriften aus dem Sanskrit ins Tibetische

Foto oben, rechts
Kunstvoll geschmückt: der Meditationsraum im Buddhistischen Zentrum Sylt der Karma Kagyü Linie e.V. in Rantum


Foto unten, links
Spirituelles Oberhaupt der tibetischen Karma Kagyü Linie: der 17. Gyalwa Karmapa Trinlay Thaye Dorje, 2004 in Hamburg

Foto unten, mittig
Verehrtes Meditationsobjekt: Statue des 16. Gyalwa Karmapa Rangjung Rigpe Dorje

Foto unten, rechts
Farbenprächtig: Thangka „1000-armiger Chenrezig“ im Buddhistischen Zentrum Sylt (Detailaufnahme)


(Veröffentlichung: TV SYLT Magazin, 03/06)

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