PKW-Unfall: 123 Ärzte übten den Ernstfall

Menschenleben zu retten, ist die wichtigste Aufgabe eines Notarztes. Doch bei Verkehrsunfällen kommt es auch auf die gute Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Feuerwehr und Polizei an. Wie eine Rettung nach Absprache im Detail funktioniert, lernten 123 Mediziner während eines medizinischen Lehrgangs.

Rettungskräfte bei der Übung: nach Beseitigung des Autodachs erfolgt die Bergung des Unfallopfers Foto: Jakat

Keitum/Sylt (aja) - Ein nicht ausgelöster Airbag kann gefährlich für die Fahrzeuginsassen, aber auch für die Rettungskräfte sein. Wie in solch einer Situation richtig gehandelt wird, versuchte Wehrführer Gerd-Peter Christensen den 123 jungen Ärzten zu vermitteln, die anlässlich eines achttägigen Rettungslehrgangs im Gerätehaus der Keitumer Freiwilligen Feuerwehr weilten.

In diesem versuchten sich die Mediziner aus Deutschland, der Schweiz und Luxemburg, die örtliche Feuerwehr und die Sylter Polizei bei einer Rettungsübung zum Thema "Patientengerechtes Retten aus einer Verkehrsunfall-Situation".

„Am wichtigsten ist, dass das enge Zusammenspiel aller Beteiligten im Ernstfall reibungslos klappt“, betonte Lehrrettungsassistent Rainer Kottmann, der den Ablauf des geprobten Ernstfalls für die anwesenden Ärzte vor Ort mittels Mikrofon moderierte. Seit 13 Jahren unterrichtet der Hamburger Krankenpfleger Lehrgangsteilnehmer auf Sylt. Um die vermeintliche Notsituation „Unfall mit PKW – Fahrerin eingeklemmt, verletzt und bewusstlos“ möglichst realistisch erscheinen zu lassen, wurde der gesamte Handlungsablauf eines Notarzteinsatzes nachgestellt.

Dem Anruf bei der Rettungsleitstelle folgte zunächst das Eintreffen des Rettungspersonals und der Polizei, bevor das Zerlegen eines Schrottautos sowie die Bergung der Fahrerin stattfand. Ein Löschgruppenfahrzeug und ein Tanklöschfahrzeug beförderten Rettungsmaterial wie einen hydraulisch betriebenen, circa 20 Kilo schweren „Spreizer“, eine 15-Kilo-Metallschere und etliche Hölzer in die Feuerwehrhalle. Die wurden zur Stabilisierung unter die Autokarosserie gelegt und das Fahrzeug so aufgebockt.

Unterdessen hatte die Feuerwehr auch den Airbag gesichert und die Gruppe der Rettungsassistenten war mit zwei Notärzten über die Heckklappe in das Fahrzeuginnere gelangt, wo die Fahrerin medizinisch versorgt wurde. Nachdem alle Autoscheiben entfernt waren, wurde zuletzt das Autodach abgehoben und das Unfallopfer mit vereinten Kräften aus der Autoruine geborgen. „Gut, das immer jemand bei mir war. Ich habe mich ständig gefragt, was wohl als nächstes passiert“, sagte die Gerettete.

Die Vorführung einer Notfallsituation nach einem Verkehrsunfall und die Klärung von Sicherheitsfragen in der Zusammenarbeit mit anderen Rettungsteams fand in dieser Form bereits zum vierten Mal in Keitum statt. Rainer Kottmann freute sich am Ende gleich mehrfach: Erstens sei wieder alles wunderbar gelaufen und zweitens gibt es den nächsten Kurs bereits im November.

Inhaltlicher Schwerpunkt der Lehrveranstaltungen stellte der Themenkomplex Rettungsmedizin dar, der Teil der Ausbildung zum Notarzt ist. Nach Besuch verschiedener Ausbildungsveranstaltungen, in denen die Vermittlung von Grundkenntnissen im Rettungsdienst und in der Wiederbelebung ausgearbeitet werden, sollen die beteiligten Assistenzärzte und AIP-ler (Arzt im Praktikum) „fit sein für den Notfall“, sagte der Itzehoer Oberarzt und Anästhesist Dr. Achim Marx.

20 Referenten vermittelten den Lehrgangsteilnehmern in diversen Unterrichtseinheiten rettungsspezifisches Wissen, das von der Versorgung eines Herzinfarkts bis hin zur Behandlung einer Augenverletzung reichte. Ein Gerichtsmediziner klärte die angehenden Notärzte zudem über rechtliche Aspekte auf, die im Einsatz Beachtung finden.

(Erscheinungsdatum: Dienstag, 06.04.2004 / Sylter Rundschau)

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