Dvoráks "Stabat Mater" in St. Nicolai

Mit der Kantorei an St. Nicolai hat Sylt einen Traditionschor von hohem Niveau. Zurzeit finden unter der Leitung von Martin Stephan die letzten Proben für das Konzert-Ereignis „Stabat Mater“ statt. Die Kantate von Dvorák wird seit Monaten vorbereitet und am kommenden Sonnabend aufgeführt.

Dirigent Martin Stephan und die Kantorei an St. Nicolai proben für „Stabat Mater“ am 11. September. Foto: Jakat

Westerland/Sylt (Angelika Jakat) - Erst einmal herrscht fröhliche Aufregung im evangelischen Gemeindhaus im Kirchenweg. Lebhaftes Stimmengewirr schallt durch die Räume. Aber kurz nach zwanzig Uhr sind fast alle Mitglieder der Kantorei an St. Nicolai da. Ruhe kehrt ein.

Die über fünfzig Sägerinnen und Sänger bilden einen Halbkreis um den schwarzen Flügel, hinter dem der hohe Chrom-Hocker von Chorleiter Martin Stephan steht. Das Einsingen vor der eigentlichen Probe kann beginnen. Doch das findet an diesem Dienstag ohne den Dirigenten statt, denn der sitzt derweil im Pressegespräch.

Seit Januar 2003 engagiert sich der gebürtige Hallenser als Kantor und Organist an St. Nicolai sowie als Organist an der Konzerthalle seiner Heimatstadt. Anlässlich des 100. Todestages von Antonín Dvorák wird Stephan die Reihe bedeutsamer Kirchenmusik, die durch Haydens „Schöpfung“ sowie Bachs „Weihnachtsoratorium“ und „Johannispassion“ begonnen wurde, fortsetzen - mit „Stabat Mater“.

Die Hintergrundgeschichte zur Entstehung dieser Kantate, basierend auf dem tragischen Tod dreier Kinder des tschechischen Komponisten, habe ihn sehr berührt, begründet Martin seine Auswahl. So sei der September-Termin ganz bewusst im Gedenken an all diejenigen gewählt, „die unschuldig aus dem Leben gerissen wurden – ganz gleich ob durch Krankheit oder Völkermord“. Begeistert ist er von den Harmonien, der berührenden Tiefe des gewichtigen geistlichen Musikwerks. Und von dessen ergreifender Klangschönheit, das, nach einem Tonartwechsel von H-Moll in D-Dur, mit einer großen, optimistischen Fuge abschließt.

Für die Umsetzung hat der Westerländer Organist die Jenaer Philharmonie engagieren können. Neben einem 45-köpfigen Orchester werden 20 Mitglieder des Knabenchores der Philharmonie sowie vier renommierte Solisten erwartet: Sabine Brohm (Sopranistin), Bettina Denner-Brückner (Alt), Thoma Dewald (Tenor aus Mainz) und Thomas Johannes Mayer (Bass) haben ihr Kommen angekündigt.

Mit dabei ist natürlich auch die Kantorai. „Die Chormitglieder setzen ihre gesamte Freizeit ein, um professionell zu arbeiten und solche anspruchsvollen Werke zur Aufführung zu bringen“, lobt der 52-Jährige. Babei folge man einer Tradition, die seit 1939 gewachsen sei und auf die Kantoren Walter Bechmann, Hans-Martin Padel und Rainer Lanz zurückgehe.

Bei der anschließenden Probe fordert und fördert ein konzentrierter Stephan auf temperamentvoll-lockere Art die Gesangskraft und das Stimmtalent aller Chormitglieder, bis selbst die anspruchsvollsten Passagen der Neueinstudierung sitzen. Erst dann wird aus einem aufmunternden „Kriegen wir das?“ ein anerkennendes „So ist es!“

(Erscheinungsdatum: Samstag, 04.09.2004 / Sylter Rundschau)

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