Nichts ist so absurd wie die Realität

Arnim Töpels neues Kabarett-Programm „Rechtzeitig gehen" sorgte für reichlich Heiterkeit beim Sylter Publikum.


Der Kabarettist Arnim Töpel findet selbst im Sinnlosen noch Sinn. Fotos: Jakat

Westerland/Sylt (Angelika Jakat) - Die Fans des feinsinnigen Kabaretts durften sich freuen: Arnim Töpel sucht Mitbewohner. Genauer gesagt, Menschen mit denen er zukünftig in einer Dorf-Gemeinschaft voller Friede und Freude leben möchte. Doch geht das überhaupt? Zumal die Zukunft lang werden kann, wie der smarte Kabarettist im braunen Nadelstreifen-Anzug weiß: „Wenn ich das Rentenalter erreicht habe, liegt die Lebenserwartung bei 110.“

So kann das Spannungsfeld der Töpel`schen Betrachtungen, die angelegt sind zwischen dem, was in Wirklichkeit ist, und dem, was die Zukunft bringen könnte, nicht größer sein. Wobei die Zukunft sowieso von der Realität überholt wird. Zumindest auf der Bühne, wo Arnim Töpel, der Ex-Jurist, mit seinem neuen Kabarett-Programm „Rechtzeitig gehen – sachfremde Erwägungen“ brilliert.

Zwei Stunden lang vergnügte Töpel, auch bekannt als der "Philosoph unter den Kabarettisten", am Mittwochabend das Sylter Publikum mit eleganter Sprach-Raffinesse. Und zwar in Form von Anekdoten, die sich durch sprachgewaltigen Wortwitz, subtilen Humor und pointierte Lebenserkenntnisse auszeichnen.

Getreu seinem Motto „Sinn finden im Sinnlosen“ sagt Töpel: „Sie erhalten eine Genehmigung. - Legen Sie Widerspruch ein. Wir haben nicht zuviel Bürokratie, wir haben zu wenig!“ Oder: „Verunsichern sie die Menschen - sagen sie bitte und danke!“

Bei Töpel wird das gemeinsam mit einer befreundeten Familie gemietete Ferienhaus zum „Vorhof zur Hölle“, weil man nicht in der Lage ist die Duschordnung zu klären bzw. sich die konfliktreiche, unlösbare Frage aufwirft, wie oft die Haustüre abzuschließen sei – ein oder zwei Mal.

Es sind vornehmlich die leisen, gedankenvollen Töne, die das aktuelle Programm des mehrfach ausgezeichneten Kabarettisten und Pianisten adeln. „Freude bringen, Kummer sähen – und bei jedem Augenblick verändert sich dein Geschick und bei allem wirst du rechtzeitig geh`n“, singt Töpel. Und spielt dazu die Klavierstimme des Musikstücks „Yesterday is here“ von Tom Waits.

Töpels schräger Blickwinkel lässt den Weg jedes Einzelnen durch die Höhen und Tiefen des Lebensalltags deutlicher sichtbar werden. Sein musikalischer Vortrag reicht von Rock bis Blues und ist durchdrungen von einer Mischung aus schmerzvoller Melancholie und scharfzüngigen, ironisch reflektierten Absurditäten, die er aus dem zwischenmenschlichen Alltagsgeschehen filtert.

„Es ist nicht immer leicht die Wirklichkeit zu übertreffen“, kommentiert Töpel seine satirischen Erwägungen. Eines war nach diesem vom „Förderkreis für Theater und Konzert auf Sylt e.V.“ initiierten Abend voller Heiterkeit sicher: Arnim Töpel ist nicht einfach nur lustig, sondern er spielt und singt garantiert stimmungsvoll-hintergründig und ist ein Garant für fabelhafte Kleinkunst mit Niveau.

(Erscheinungsdatum: Samstag, 28.02.2004 / Sylter Rundschau)

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